Direkt zum Hauptbereich

Es war einmal in Amerika...


Bei der Betrachtung der Entwicklungsgeschichte der amerikanischen Bürosysteme erkennen wir grundsätzlich einige Parallelen zur deutschen Entwicklung. Ähnlich wie in Deutschland arbeiten zu Beginn des 20. Jahrhunderts hauptsächlich Männer in Büros. Dabei ist auffällig, dass diese Arbeit vorwiegend an Stehtischen verrichtet wird, da bereits frühe Studien erwiesen, dass das Arbeiten im Stehen gesünder ist, als lange zu sitzen.

Als im Zuge der Industrialisierung der Bedarf an optimierter Büroorganisation stieg, setzte sich im Besonderen ein von Frederick Taylor erdachtes System durch, welches bis in die 60er Jahre der Standard in amerikanischen Büros bleiben sollte. Der heute als Taylorismus bekannte Ansatz sieht vor, dass eine Vielzahl von Tischen in engen Reihen aneinander positioniert werden. Diese fabrikähnliche Anordnung sollte die Arbeitseffizient steigern und gleichzeitig eine Kontrolle durch höher gestellte Arbeiter vereinfachen. Während der Weltwirtschaftskrise wurde dieses System weiter verschärft, indem man mehr Arbeiter auf engem Raum positionierte. Zudem ermöglichte es die fortschreitende Elektrifizierung und die Erfindung von Klimageräten auch fensterlose Räume als Arbeitsräume zu nutzen, was die Unzufriedenheit der Arbeiter weiter verstärkte.

Erst mit dem Ende des 2. Weltkriegs ist festzustellen, dass ein gewisse Wertschätzung für sozialistische Werte aus Europa die Arbeitswelt in den USA zu verändern begann. Das Verlangen nach mehr sozialer Demokratie und mehr Verantwortung brachten nach und nach grundlegende Veränderung herbei. Zum einen wurden nach dem Vorbild der in Deutschland entwickelten Bürolandschaft die strengen geraden Strukturen aufgelöst und mehrere Tische für ein kommunikativeres Umfeld aneinander gruppiert. Zum anderen stellte Hermann Milller gegen Ende der 60er Jahre die 2. Generation des zuvor eher erfolglosen Action Office vor. Diese Variante sah vor, dass jeder Arbeiter, ein durch günstige Stellwände begrenztes Areal zur Verfügung hat, in dem er sich einerseits besser konzentrieren kann, als in den zuvor dicht an dicht gestaffelten Tischreihen und andererseits ein gewisses Maß an Individualisierungsmöglichkeiten erhält, welches ihm zuvor verwehrt geblieben war.

Jedoch wurde auch dieses zu Beginn beliebte System, teils aus Profitgier und teils aus wirtschaftlicher Not heraus, so verändert, dass möglichst viele Arbeiter auf möglichst geringen Raum positioniert werden konnten. So entstanden große Geflechte aus standardisierten Cubicles die im Gegensatz zur Grundidee des Action Office keine Individualisierung mehr zuließen und die Vereinsamung der amerikanischen Angestellten im Büro verstärkte. Mit der Etablierung von Computern und Druckern im Büro wurde die Platzsituation in den Cubicles noch weiter verschlechtert, was zur Folge hatte, dass die Unzufriedenheit in den Büros weiter stieg. So kann man etwa in der Mitte der 90er Jahre des 20. Jahrhunderts einen gegenläufigen Trend beobachten, der sich dadurch auszeichnet, dass zunehmend Sofas und andere bequeme Möbel ihren Weg in amerikanische büros finden, um den Angestellten Relaxzonen zu bieten und eine motivierendere Arbeitsumgebung zu schaffen.

Parallel zu der Entwicklung in Deutschland brachte die Verfügbarkeit von schnellem und bezahlbarem Internet ungeahnte Möglichkeiten der Flexibilisierung des Arbeitsalltags. Genauso wie wohnlichere Elemente nun auch am Arbeitsort zu finden waren, verlagerte sich die Arbeit gleichermaßen auch in Wohn- und Freizeitumgebungen. Statt in Cubicles zu arbeiten sah man nun immer öfter Angestellte in Cafés ihrer Arbeit nachgehen oder die Möglichkeit des Home Office wahrnehmen. Feste Arbeitsplätze und hierarchiche Strukturen werden im Zuge dessen weiter aufgelöst und selbsbestimmtes Arbeiten gefördert. Ein Phänomen, dass dieser Entwicklung Tribut zollt ist die Entstehung von sogenannten Co-Working Spaces. Dieses erstmals in San Francisco ins Leben gerufene Konzept ermöglicht es zum einen Freiberuflern in einer Art Community zusammen zu arbeiten. Darüber hinaus bietet dies aber auch angestellten Arbeitnehmern die Möglichkeit statt im Home Office oder in Cafés auch in solchen Einrichtungen zu arbeiten und die Vorteile einer solch interdisziplinären Community zu nutzen und gleichzeitig örtlich weniger gebunden zu sein.

Gleichzeitig beginnen vor allem auch Unternehmen in der Tech-Industrie Neuinterpretationen der vergangenen Open Plan Systeme umzusetzen. Unternehmen wie Google oder Facebook erschaffen Arbeitsumgebungen, die ein Gefühl von Gemeinschaft und Zusammenarbeit vermitteln. Hier werden offene Büroräume mit Meetingräumen und Rückzugsorten ergänzt und den Arbeitnehmern eine flexible Gestaltung ihrer Arbeitszeiten gewährt, wodurch feste Arbeitsplätze zunehmend an Bedeutung verlieren.

Beliebte Posts aus diesem Blog

Auf dem Weg zum Taylorismus 2.0?

Einen weiteren interessanten Blickwinkel auf die Entwicklung der Büroarbeit bietet die Betrachtung der Aspekte der Privatsphäre und der Individualisierung. So ist festzustellen, dass vor der Industrialisierung nur vereinzelt Bürotätigkeiten erledigt werden mussten und somit oft Einzelpersonen oder kleine Gruppen diese Arbeit bewältigten. In diesen frühen Arbeitszimmern ist ein vergleichsweise hohes Maß an Privatsphäre und auch Personalisierung der einzelnen Arbeitsplätze vorzufinden. Zu Beginn der Industrialisierung setzt sich, wie zuvor bereits erwähnt, der Taylorismus durch und fabrikähnliche Arbeitsvorgänge prägen die Büroarbeit. Dabei werden viele Arbeiter dicht an dicht positioniert, was zur Folge hat, dass die Privatsphäre mit dieser Entwicklung drastisch reduziert wird. Zusätzlich ist es ein Charakteristikum des Taylorismus, dass eine permanente Überwachung durch den höhergestellten Arbeiter erfolgt, und somit visuelle Barrieren nicht vorgesehen sind. Diese Entwicklung ve...

Wo wir Potenziale sehen

Ausgehend von den Fragestellungen und Spannungsfeldern, die wir im vorangegangenen Schritt benannt haben, sind wir nochmal zu den Beobachtungen zurückgekehrt, die wir im Zuge des Besuchs der Orgatec 2018 und der damit verbundenen Trendrecherche machen konnten. Hier wollten wir nun feststellen, inwiefern sich bei den gezeigten Neuvorstellungen und Innovationen bereits Aspekte wiederfinden lassen, die sich in den von uns umrissenen Spannungsfeldern bewegen. Was die Personalisierung des Arbeitsplatzes angeht kann man festhalten, dass jüngere Entwicklungen vermehrt einen Fokus auf Flexibilität legen, was die Nutzung der verschiedenen Arbeitsplätze durch unterschiedliche Nutzer betrifft. So stellte Sedus bespielsweise se:flex vor, einen selbsteinstellenden Drehstuhl, der sich automatisch auf das Gewicht unterschiedlicher Nutzer einzustellen vermag. Quelle: www.sedus.com Ähnlich verhält es sich mit Konzepten, die sich mit Arbeitstischen und der unmittelbaren Peripherie befassen...

Zusammen ist man weniger allein – Co-Working in Frankfurt - Teil 2

Zusätzlich zu unserer dreitägigen Exkusion in das Co-Working Space BeeHive in Frankfurt haben wir Termine für Führungen in drei weiteren Co-Working Spaces in Frankfurt vereinbart. Dabei handelte es sich um WorkRepublic, Die Zentrale FFM und den vielleicht größten Co-Working Anbieter WeWork. Dort haben wir jeweils eine Führung durch die Räumlichkeiten bekommen und uns wurden jeweils die Buchungs und Mietmöglchkeiten erklärt. Unseren ersten Termin hatten wir bei WorkRepublic. Dies ist ein vergleichsweise großer Co-Working Anbieter mit Standorten in Berlin, Düsseldorf, Mannheim, Hamburg, München, Stuttgart, Wien und Frankfurt. In Frankfurt befinden sich 2 sogenannte Business Center von WorkRepublic, wobei wir uns für den Standort an der Hauptwache in Frankfurt entschieden haben. Dieser ist mit öffentlichen Verkehrsmitteln sehr gut zu erreichen und befindet sich in einem modernen Geschäftsgebäude in der Innenstadt. Vor dem Eingang ist uns aufgefallen, dass verschiedene Firmenlogos unt...