Um den interkulturellen Vergleich auszuweiten haben wir uns neben den USA und Deutschland auch mit der Entwicklung der Büroarbeit in Japan befasst. Im Vergleich zu der Entwicklung in Deutschland und den USA kann im Allgemeinen gesagt werden, dass sich die Situation in Bezug auf Büroarbeit zwar zu Beginn der Industrialisierung noch stark von der in westlicheren Kulturkreisen unterscheidet, sich jedoch im Zuge der Öffnung gegenüber dem Westen in vielen Punkten nach und nach angleicht. So findet man zu Beginn des 20. Jahrhunderts bereits Büroräume, in denen hohe Tische in engen Reihen angeordnet sind und viele Arbeiter mit fast militärischer Disziplin ihren Aufgaben nachgehen, während sie von ihren Vorgesetzten überwacht werden.
Diese strengen Hierarchien sind das, was die japanische Arbeitskultur von der in westlicheren Gefilden am deutlichsten unterscheidet. Das bedingungslose Gehorsam und die Loyalität dem Arbeitgeber gegenüber prägt die japanische Arbeitskultur. Was diese kulturelle Prägung entscheidend begünstigt, ist die Tatsache, dass in Japan lange Zeit das Prinzip der lebenslangen Beschäftigung vorherrschte und man in der Regel sein ganzes Berufsleben lang einem Unternehmen treu blieb. Diese Sicherheit wurde dann im Gegenzug mit eisener Disziplin, Gehorsam und Fleiß zurückgezahlt.
Erst nach dem 2. Weltkrieg schwächen sich die hierarchischen Strukturen allmählich ab und es findet vermehrt Kommunikation im Büroalltag statt. Dies wirkt sich positiv auf die Produktivität der Arbeiter aus und hat zur Folge, dass auch die Büroeinrichtung komfortabler und arbeitnehmerfreundlicher wird. Jedoch werden aus wirtschaflichen Überlegungen, angelehnt an das westliche Vorbild, mehr und mehr Arbeiter auf immer weniger Raumfläche verteilt. Dies führt zu einem höheren Lärmpegel und gesteigerter psychicher und physiolischer Belastung. Diese Entwicklung verschärft sich mit der Etablierung von Computerarbeitsplätzen, was zu noch weniger Platz für den einzelnen führt.
Alternativ zu den langen Tischreihen findet man vermehrt auch sogenannte 'Groups'. Dieses System sieht eine Einteilung von 5-10 Arbeitern zu kleineren Inselgruppen vor, die durch Stellwände von anderen Inselgruppen getrennt sind. Separate Arbeitsräume sind lediglich höher Gestellten Angestellten vorbehalten. Diese Entwicklung hielt bis spät in die 90er Jahre an und führte zu hoher Unzufriedenheit und Unproduktivität. Jedoch nahm man, nicht zuletzt auf Grund der lebenslangen Beschäftigung, zahlreiche Unzulänglichkeiten in Bezug auf die Arbeitsumgebung in Kauf, welche sich während der Rezession in den 90er Jahren nochmals verschärften. Währen der Wirtschaftskrise in Asien wurde die Loyalität der Arbeitnehmer oftmals auf die Probe gestellt, da vielerorts die Arbeitszeiten verlängert und die Urlaubszeiten verkürzt wurden. In dieser Zeit wurden auch vermehrt Berichte publik, in denen über Selbstmord durch Überarbeitung berichtet wurde.
Zu Beginn den 21. Jahrhunderts war die Selbstmordrate in Japan auf Ihrem Höhepunkt. Kritische Stimmen werden laut und es werden erste Veränderungen vorgenommen. Die Groups werden vielerorts aufgelöst und es entstehen vermehrt Einzelarbeitsplätze, die an die amerikanischen Cubicles angelehnt sind. Zudem wird das Konzept der Shared Offices immer beliebter, wodurch auch das Bild des Freelancers in Japan allmählich an Akzeptanz gewinnt.
Nicht zuletzt durch die hohen Mieten in Tokyo ist Japan eines der Länder, in denen sich Co-Working Spaces früh durchgesetzt haben. Gerade bei jüngeren Arbeitnehmern stehen vor allem soziale Werte im Vordergrund und so nehmen mehr und mehr Arbeitnehmer die Möglichkeit war, in solchen Einrichtungen flexibel ihrer Arbeit nachzugehen. Sogar moderne Open-Plan Konzepte, wie sie bei Google oder anderen Silicon-Valley Unternehmen beliebt sind finden in jüngster Zeit in Japan Anwendung. So eröffnete Uniqlo erstmals ein Open-Plan Office mit bepflanzten Loungebreichen und flexiblen Arbeitsbereichen und gilt damit als Vorreiter dieser Idee in Japan.